Von der Freiheit das zu tun, was man liebt.

Neulich war ich mit ein paar Bekannten essen und das Gespräch kam noch vor dem Hauptgang auf das Thema ‚Arbeitsstress‘ zu sprechen. Viele gestresste Gesichter und noch mehr gestresste Geschichten aus dem Arbeitsalltag verschiedener Branchen. Während ich ihnen an meinem Bruschetta knabbernd zugehört habe, konnte man den Eindruck gewinnen, dass alle Anwesenden ihren Job nicht nur nicht besonders gerne machen, sondern sich beim Stressvergleich ausstechen wollten.

„Ja, aber weißt du, wir haben manchmal auch am Wochenende ein Meeting!“
„Mag ja sein, aber ich darf nur 5 Tage Urlaub am Stück nehmen.“
„Jahaaa, aber bei mir fällt auch noch das Weihnachtsgeld weg!

Irgendwann fiel auf, dass ich nichts zur Diskussion beigetragen habe und das weckte natürlich das Misstrauen. Wie ich meinen Arbeitsalltag denn beschreiben würde.

Dazu muss ich sagen, dass ich seit Januar 2017 selbständig bin und mir meinen Traum erfüllt habe, das was ich liebe auch beruflich zu tun. 

„Nun, ich stehe jeden Morgen auf, um das zu tun, was ich liebe.“ 
„Aber das zahlt doch nicht die Miete!“
„Doch.“
„Unmöglich!“
„Äh. Nein?“
„Wie groß ist deine Wohnung?“
„In welcher Ecke wohnst du?“
„Wie bist du denn versichert?“
„Das ist ein großes Risiko.“

Ich kam gar nicht mehr dazu, meinen Alltag – der selbstverständlich auch mal höchst stressig ist – zu erklären. Stattdessen wurden ich und mein Wahnsinn, eine Festanstellung für einen albernen Traum aufzugeben, zum Hauptthema des Abends. Ich muss wohl nicht erklären, wieso ich das Dessert habe ausfallen lassen.

Auf dem Heimweg habe ich mir dann Erklärungen überlegt, wieso ich das tue, was ich tue und mir fertige Rechtfertigungen für eine potentielle Wiederholung solcher Gespräche überlegt, bis mir an einer Bushaltestelle bei Nieselregen an einem Donnerstagabend alles schlagartig bewusst wurde:

Ich muss mich nicht rechtfertigen. 

Das mag jetzt einfach klingen und viele werden sagen: Das hätte ich dir sagen können. Aber die Wahrheit ist, ganz lange habe ich mich bei Nachfragen zu meinem Beruf erklärt: ‚Ich bin zwar selbstständig, arbeite aber auch dafür immer auch am Wochenende und muss aufs Geld achten.‘
Fast so, als wolle ich die Tatsache, dass ich die Freiheit lebe das zu tun, was ich über alles liebe, entschuldigen.

Wieso? 

Es ist mein Leben. Es ist meine Freiheit und ja, ich habe einen Preis dafür gezahlt. Wissentlich und bei klarem Verstand. Den gleichen Mut kann ich nicht zwingend von anderen Menschen erwarten, das ist mir klar. Wohl aber ist es mein Recht, von meinen Mitmenschen Respekt für meine Entscheidung über mein Leben und meine Zukunft zu fordern. Niemand muss meinen Weg gehen, aber niemand hat das Recht meine Entscheidung zu bewerten.

Unter den ganzen Analysen zu meiner Entscheidung, denen ich mich beim besagten Abendessen aussetzen musste, war nämlich eine Sache deutlich zu hören: die Angst davor, es selber zu tun und die Bewunderung mir gegenüber, es getan zu haben – getarnt als Neid.

Doch Neid ist nichts anderes, als Bewunderung für den Mut oder den Erfolg anderer. 

Meine Freiheit das zu tun, was ich liebe, habe ich mir hart erkämpft und werde sie ebenso hart verteidigen.

Danke.

Euer,

avocadogirl

Keine Angst.

Ein Gedanke, der mich schon eine kleine Weile begleitet. Was wäre, wenn wir keine Angst hätten. Wenn wir nicht ständig diese gemeine kleine Frage im Hinterkopf hätten, die hektisch gegen die Zweifelstür klopft und ganz aufdringlich fragt.
Aber was, wenn es schief läuft? 

Nun, diese Sorge hat mich die letzten Jahre ziemlich beschäftigt. Viele meiner Freunde haben sich meinen Plan angehört und mich mit, vor lauter Angst, geweiteten Augen angesehen, energisch den Kopf geschüttelt und immer wieder gesagt: Tue es nicht, es könnte schief laufen!
Ich kam mir vor wie beim Pokern (und ich habe keinen blassen Schimmer vom Pokern) als hätte ich alles in den Topf geworfen und mich auf mein Blatt verlassen. (Ihr müsst zugeben, es klingt zumindest so, als hätte ich den vollen Durchblick beim Pokern)
Neue Wohnung, neue Stadt, neuer Job. Das bedeutet neue Freunde finden zu müssen, sich in einer fremden Umgebung zurecht finden und sich in einem neuen Job von vorne beweisen zu müssen. Das ist Stress, das ist Anstrengung und das ist genau das, was ich machen wollte!
Zu lange habe ich in meinem Lebenskokon gesessen und davon geträumt Dinge zu tun, die Leute machen, die ich bewundere. Ständig habe ich – in einem sich der Situation angemessenem Abstand – zu ihnen hoch geschaut und voller Bewunderung ihr Leben beobachtet. Natürlich aus der Ferne.
Bis ich mir eines Abends, nach einem Glas Rotwein zu viel, eine Frage gestellt habe:
Was würdest du in deinem Leben ändern, wenn du keine Angst hättest? 

Die Antwort habe ich mit einem stumpfen Kajal-Stift auf einen rotweinbefleckte Serviette geschrieben und mir am nächsten Morgen mit nüchternem Blick noch mal angesehen.
Ich würde den Job wechseln, in eine fremde Stadt ziehen und meine Wohnung so einrichten, wie es mir gefällt und nicht angestrengt versuchen den Geschmack meiner Eltern oder Freunde zu treffen, die ich dann damit beeindrucken und überzeugen will, dass auch ich erwachsen geworden bin.
Ein halbes Jahr habe ich die Serviette immer in meiner Handtasche mit mir herum getragen. Und mit jedem Tag hat sie sich schwerer angefühlt, als hätte mir jemand Blei in die billige Imitation einer Louis Vuitton-Tasche gelegt. Das wurde wirklich schlimm und hätte zu einem ernsthaften Haltungsschaden führen können – bis ich zu meinem Chef ins Büro gegangen bin und ihm meine fristgerechte Kündigung auf den Tisch gelegt habe. Verrückt, ich weiß! Wahnsinnig verrückt sogar! Und der erste zittrige Schritt in mein neues Leben.
Man kann also sagen, eine Papierserviette hat mein Leben verändert. Denn während ich mich die ganze Zeit gefragt habe:
„Was, wenn es nicht klappt?“
Hat sie immer wieder das gleiche Mantra wiederholt:
„Ja Schätzchen, aber was, wenn es klappt?“

Die Chancen standen immerhin 50:50.

Das ist jetzt alles knapp zwei Jahre her.
Ich bereue den Schritt kein Stück. Nicht mal ein bisschen. Ich habe meinen Rucksack gepackt, habe alles was mir wichtig ist, mitgenommen und bin endlich in mein Leben gestartet. Einfach so, weil ich darauf vertraut habe, dass es genauso gut auch klappen kann.
Ärgere ich mich über manche Kollegen in meinem neuen Job? Klar, sicher.
Bin ich manchmal müde und falle nur halbtot ins Bett? Natürlich.
Quietscht der Parkettboden in meiner Altbauwohnung, die ich im Winter nur dann warm kriege, wenn ich ein kleines Vermögen ausgebe? Oh ja und wie!
Bin ich glücklicher? UM HIMMELS WILLEN JA!

Nein, dieser Blogbeitrag ist keine Aufforderung den Job hinzuschmeißen und meinem idiotischen Beispiel zu folgen. Es soll euch und mich nur daran erinnern, dass die Chancen immer 50:50 stehen. Wieso also davon ausgehen, dass es schief geht?
Habt keine Angst Dinge zu tun, die euch glücklich machen.

Jetzt meine Frage an euch, an die Mutigen, die sie in den Kommentaren beantworten wollen:
Was würdet ihr in eurem Leben ändern, wenn ihr keine Angst hättet? 

Bis hoffentlich zum nächsten Beitrag. Wenn er euch gefallen hat, zeigt eure Liebe! ❤
Euer

avocadogirl