Wir wollten alles besser machen.

Ich schreibe auf diesem Blog über meine Gedanken zu den Dingen, die mich beschäftigen. Nicht immer sind diese Dinge weltbewegend oder bekommen eine Titelseite in der internationalen Presse.

Manche sagen auch, es sind irrelevante Dinge. Wie immer ist auch das die oft zitierte Ansichtssache.

Nun beschäftigt mich aber eine Sache, die es auf die Titelseite schafft, zu der jeder seine Meinung hat und die Freundschaften, Familien und Teile des Landes spaltet. Wozu also eine weitere Stimme im Internet sein, die ihre Meinung dazu äußert?

Weil das Internet auch deswegen da ist.

Hier also meine Gedanken.

Wir wollten alles besser machen. 
Besser als die Briten und ihr Brexit.
Besser als die Amis und ihr Trump.
Vor allem aber besser als wir selbst.
Damals. In einer Zeit, bevor man sich online, offline, in unabhängigen Zeitungen und TV-Sendungen informieren konnte. Als es leichter war Hass zu streuen und man sich auf die Propagandaparolen als die eine, einzige Wahrheit verlassen hat.

Wir wollten es besser machen. Wollten nie wieder Schritte zurück machen. 

Deutschland. Das Land der Dichter und Denker. Wo man das beste Bier bekommt, die Fußballmannschaft am Ende im Elfmeterschießen gewinnt – und das Land der Nazis.
Egal, wo man auf der Welt nachfragt, Deutschland ist mit diesem Kapitel ihrer Geschichte weltbekannt. Und auch wenn wir die Generation sind, die damit ’nichts zu tun hat‘, weil in manchen Fällen selbst unsere Großeltern zu jung waren, ist und bleibt sie dennoch unsere Geschichte.
Aus der wir lernen wollten.
Aus der wir lernen sollten. 

Es reicht wohl nicht, Mahnmale in der Hauptstadt aufzustellen, dem Thema ein ganzes Kapitel im Geschichtsunterricht in der Schule zu widmen und mit besonderen Feiertagen an die hässliche Zeit damals zu erinnern.

Offensichtlich müssen wir mehr reden. Noch mehr. Gegen den Hass. Gegen die Wut. Gegen Vorurteile. Vor allem aber miteinander!

Ich habe keine Erklärung für das, was passiert ist und wieso wir doch wieder rückwärts gegangen sind. Denn auch, wenn viele (die Mehrheit!) anders gewählt hat, ist es dennoch unser aller Problem.
Es ist ebenso unser Problem, wie unsere Geschichte – ob wir nun wollen oder nicht. 
Hass mit Hass zu bekämpfen funktioniert ebenso gut, wie einen Häuserbrand mit einem neuen Feuer im Vorgarten zu bekämpfen. Also müssen wir reden, aufklären, aktiv werden.

Es ist schwer einen gemeinsamen Nenner für eine vernünftige Diskussion oder ein aufklärendes Gespräch zu finden, das weiß ich aus eigener Erfahrung und vielen gescheiterten Versuchen.
Aber es ist wichtig.
Weil wir verstehen sollten (müssen?) woher der Hass, die Unmut und die Angst kommt. Und wie wir unseren Beitrag zur Aufklärung tragen können.

Und vor allem sollten wir mit Menschlichkeit nach vorne gehen. Im Idealfall zusammen. Aber nicht zurück. Niemals zurück. Weil damals eben nicht alles besser war.

Ich habe keinen Lösungsansatz, keine friedenbringende Idee, ja nicht mal eine Ahnung, wie ich es im Alltag angehen soll. Aber ich werde weiterhin hin- und nicht wegsehen. Ich werde weiterhin das Gespräch suchen und weiterhin daran glauben, dass uns mehr Dinge verbinden als trennen.
Das waren sie also: meine Gedanken. Die ich nur sehr mittelmäßig gut in Worte gepackt habe.

Und mit dieser Hoffnung gehe ich Schritt für Schritt weiter nach vorne. Weil wir es besser machen werden.

Geht liebevoll miteinander um. avocadogirl

Die verlernte Buchfreude?

Lange war es still. Um mich und auf diesem Blog.
Lange hingen diese Worte unausgesprochen in meinem Kopf.
Doch nur, weil ich sie nicht ausspreche, bedeutet es nicht, dass ich sie nicht hören kann. Immer die gleiche Frage: Hast du die Buchfreude verlernt?

Aufgewachsen im Alter der Bibliotheksausweise, der abgegriffenen Bücher und vollgestopften Buchregale bei meiner Oma zu Hause, waren Bücher für mich stets treue Gefährten. Sie durften mit an den See, ins Schwimmbad, in den Urlaub.
Sie fielen in den Sand, hatten Eselsohren und Knicke im Cover.
Meine Oma nannte sie liebevoll ‚Liebesknicke‚.
Das Buch sah in ihren Augen nicht verlebt, sondern geliebt aus. Weil ihr Äußeres darauf schließen ließ, wie gerne man es hatte. Immerhin nahm man es überall hin mit. Es war immer dabei.

Auch waren ihre Buchregale stets vollgestopft. Man warf keine gelesenen Bücher weg, brachte sie höchstens zum Buchschrank im Ort, verschenkte es an Freunde oder ließ es im Urlaubshotel für den nächsten begeisterten Leser zurück.

Heute komme ich mir fast schon wie ein minderwertiger Leser vor. Nicht ‚hip‘ genug um in den Kreisen professioneller Leser aufgenommen zu werden. Meine Bücherfotos sind mit dem Handy geschossen, ungestellt und roh. Sie werden niemals auf dem Cover des Times Magazins landen und gewinnen keine Fotopreise.

Ich habe keinen Tisch, den ich extra minutiös aufbereite, das Buch drapiere und mit drei Lightboxen ausleuchte, um dann hundert Fotos zu schießen, das Beste zu berarbeiten und dann zu teilen.

Ich lese Bücher einfach. Ich mache Eselsohren, ich streiche mir besondere Passagen an, ich umarme Bücher und nehme sie mit in die Badewanne.

Mein Regal ist weder nach Farben, noch nach Genre oder gar Autoren sortiert. Es ist überfüllt und manchmal sogar verstaubt. Ich habe keinne SuB und keinen Bookstagram Account.

Man bekommt den Eindruck, es ging viel mehr um das Drumrum, als um das Buch an sich. Die Kommentare beziehen sich häufig auf das Bild, wie sympathisch der Blogger dahinter wäre, mit welcher Software man das Bild bearbeitet hat etc.

Zu selten sehe ich Kommentare zum Buch! Geht es nicht mehr darum? Die Rezensionen werden im Verhältnis zu den Likes des Bildes kaum noch gelesen. Das macht mich traurig. Wenn ich nachfrage, bin ich oft nur die ‚einfache Leserin‘, die vom Job nichts versteht.

Die irritierten Blicke mancher ‚professional Leser‘, die mich fragen, wieviel Bücher ich im Monat lese, welche Verlage mir Bücher zum Rezensieren zuschicken, ob ich mit der Pressefrau per du bin und ob ich als Journalist für die Buchmesse akkreditiert werde, verunsichern mich.

Ich bin kein Journalist. Ich bin maximal Blogger – und auch das nicht hauptberuflich. Ich habe kein Journalismus Studium beendet, war nicht mit Antonia Rados in Krisengebieten, meine Texte werden nicht in Zeitungen veröffentlich und manchmal schleichen sich Vertippen in meine Beiträge. Wieso sollte ich mich also Journalist nennen?

Ich bin Leserin.

Eine, die Spaß an den Geschichten hat.

Eine einfache Leserin.

Und mal ganz im Ernst, das seid ihr im Herzen, unter der Schale an tausendfach geliketen Instagramfotos, Funkofiguren und ausgeleuchteter Buchregalen doch auch, oder?

Euer

avocadogirl

 

 

Von der Liebe zu den Büchern.

Heute ist der Welttag des Buches.

Für manche Menschen ist das jeden Tag so.

Die Liebe zu den Büchern begleitet mich seit meiner Kindheit an, wie es wohl so vielen von uns geht.
Damals, als meine Fantasie nach immer mehr spannenden und abenteuerlichen Orten gesucht hat, habe ich sie im Bücherregal meiner Eltern gefunden.
Ich bin mit Winnetou durch die Prärie des Wilden Westens geritten, habe den Schatz im Silbersee gesucht, war mit meinen Freunden der TKKG-Bande auf Ganovenjagd, bin mit den Fünf Freunden in den Sommerferien verreist und habe später meinen Brief nach Hogwarts bekommen, wo ich Harry, Ron und Hermine kennenlernen durfte.

Bücher, das stand schnell fest, waren meine Tür in andere Leben, fremde Länder und Abenteuer, die mich den ganzen Tag begleitet und nachts in meinen Träumen beschäftigt haben.
Ich war sicher kein schüchternes Kind, hatte Freunde und war auf genug Geburtstagspartys eingeladen um meine Eltern in den Sommerferien in den Wahnsinn zu treiben. Doch immer wieder habe ich mich alleine in meinem Zimmer verkrochen, Bücher gelesen und beim Abendessen über die Ereignisse der letzten Kapitel gesprochen.   Vielleicht habe ich das alles etwas zu lebendig wahrgenommen, den Abschied auf der letzten Seite mehr als einmal beweint und das Buch nach Beenden fest umarmt, als müsse ich einen lieb gewonnenen Freund loslassen.
Wenn andere nur Geschichten in den Bücher fanden, entdeckte ich neue Freunde und sammelte Erinnerungen an Dinge, die mir nie passiert sind.
All das hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin.
Ein Buchliebhaber. 
Jemand, der an keiner Buchhandlung vorbeilaufen kann, ohne auch nur einen Blick ins Innere zu werfen. Nicht immer kaufe ich dann auch etwas, aber ich besuche alte Freunde, die mir damals, als ich mit dem Gipsbein im Bett liegen musste, Gesellschaft geleistet haben. Oder jene, die mir durch den ersten großen Herzschmerz geholfen haben, weil ich mit ihnen ein Happy-End erlesen durfte und weiterhin an die große Liebe glauben durfte.

Ja, es schmerzt mich, wenn ich junge Menschen lieber am Handy als mit einem Buch in der Hand sehe, weil ich nicht glauben kann, dass ein Youtube-Video, ein Tweet oder ein Facebook-Status die Freude schenken kann, die ein Buch beschert.
Deswegen freut es mich, wenn Buchblogger vollkommen begeistert und freudetrunken über ihre aktuelle Lektüre schreiben.
Es zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht, wenn junge Generationen mit der gleichen Begeisterung nach Hogwarts gehen wie ich damals vor fast zwanzig Jahren.
Bücher öffnen den Horizont, schleifen die Fantasie, schenken Freude und Freunde.

Am heutigen Welttag des Buches umarme ich mein liebstes Buch, winke meinen Freunden von damals aus der Prärie zu, streichele den abgegriffenen Ledereinband der Erstausgabe und verkrieche mich mit einer Tasse und meinem neuesten Roman auf die Couch.

Das mit mir und den Büchern ist was Ernstes. Es könnte die wohl größte Liebe meines Lebens sein.
Und bleiben.

Ich wünsche euch allen einen großartigen Lesetag!

Euer,

avocadogirl

Das Loben verlernt?

In letzter Zeit spreche ich viel mit Teenagern. Mehr als sonst. Es ist im Moment Teil meines Jobs und öffnet mir die Augen für die großen und kleinen Dinge im Leben.

Neulich kamen wir auf die Frage zu sprechen, ob wir in der heutigen Gesellschaft vielleicht das Loben verlernt haben? Es gab viele Beispiele aus unserem Alltag, die den Jungendlichen eingefallen sind. Von den Lehrern, über ihre Eltern und Freunde bis hin zum bösen, bösen Internet mit seinen Trolls, Kritikern und armen Seelen.

Ungefähr zur gleichen Zeit habe ich bei Twitter eine Diskussion und Unterhaltung zwischen Buchbloggern beobachtet, in der es darum ging, ob sogenannte ‚Rants‘ gegen Büchern (und oft den Autoren dahinter) okay, erlaubt und nicht sogar notwendig seien.

Eine Weile habe ich mitgelesen, mir die Pros und Contras der Parteien, die sehr leidenschaftlich im Vortrag ihrer Argumente waren, durchgelesen und mich dabei ertappt, wie ich selbst anfing darüber zu grübeln, in welchem Maße Kritik an Büchern und den Schriftstellern angebracht ist.

Dann kamen ‚meine‘ Teenager dazu, die mir eine interessante, zusätzliche Sicht auf die Frage gaben. Eines der Mädchen sagte: ‚Wir suchen so sehr den Fehler, weil wir verlernt haben zu loben. Weil wir selbst zu selten gelobt werden.‘

Neulich habe ich ein Buch beendet, das mir total gut gefallen hat. Gut möglich, dass ich es in einem Jahr nicht mehr Wort für Wort zitieren kann, aber für die Dauer des Lesens habe ich es sehr genossen. Aber ist es heute noch okay, wenn man schreibt: ‚Das Buch hat mich super unterhalten.‘

In einer Zeit, in der jeder ein Kritiker ist, in dem es leichter ist die Fehler, Stolpersteine und Schwächen aufzuzeigen, fällt es vielleicht tatsächlich schwer Lob zu posten.
Braucht es diese ‚Rants‘ also wirklich oder sollten wir uns mal wieder mehr im Loben üben?
Kann man das Loben verlernen? 

Meine Teenager sagen JA.

Sie sagen über sich, dass es ihnen leichter fällt, die negativen Dinge bei anderen und sich selbst zu benennen, als die positiven Merkmale. Dabei hatte ich angenommen, Loben ist wie Radfahren – man verlernt es nicht.

Ich habe einige der ‚Rants‘ gelesen, viele waren sehr subjektiv und persönlich, andere sachlich und voller nachvollziehbarer Argumente. Ob man also das richtige Maß an Kritik findet, kommt immer auf die Person dahinter an, nehme ich an.

Doch statt immer nur auf den Schwächen rumzuhacken, sollten wir vielleicht alle mal wieder die positiven Dinge zu schätzen lernen.

An uns selbst.
An anderen.
Aber auch an der Kunst.
An Filmen.
An Serien.
An Büchern.

Es ist leicht über Dinge zu meckern, zu deren Erschaffung wir Verbraucher nicht in der Lage sind. Auch wenn ich jetzt schon die lauten Kommentare höre wie: Ich könnte das besser schreiben, malen, fotografieren, das Tor hätte auch meine Oma noch geschossen …

Ein kleiner Gedankenanstoß für alle: Üben wir das Loben zur Abwechslung mal wieder. Tut sicher nicht weh. Auch wenn man dann weniger ‚angesagt‘ ist oder weniger konträr diskutiert wird und am Ende weniger Klicks bekommt.
Es ist absolut okay, etwas einfach zu mögen. Ohne Haar in der Suppe. Ohne Spurensuche für den kleinen Makel, auf den man sich dann konzentriert und die 340 Seiten Spaß vergisst.

 

Euer

avocadogirl

 

Du bist genug.

Neulich hatte ich das große Glück vor einer Schulklasse sprechen zu dürfen, mir ihre Ängste, Sorgen und Gedanken anzuhören. Dabei wurden die anwesenden Schüler sehr persönlich und haben Dinge erzählt, die sonst vermutlich nicht oft zur Sprache kommen.

Dieser Blogpost ist für euch. Und alle, die es mal wieder hören müssen:

Du bist genug.

Du mit deinen Fehlern, an denen du Tag für Tag arbeitest.
Du mit den Augenringen nach dem Aufstehen.
Du mit der Zahnspange.
Du mit dem schrägen Lächeln.
Du mit dem schlechtesten Musikgeschmack der ganzen Stadt.
Du mit dem zu lauten Lachen.
Du mit den zu leisen Tränen.
Du mit dem großen Herzen.
Du mit den kleinen Brüsten.
Du mit dem roten Fahrrad.
Du mit der verrückten Frisur.
Du mit den wenig Followern.
Du mit den vielen Büchern.
Du mit dem Sprachfehler.
Du mit dem perfekten Leben.
Du mit den lackierten Fingernägeln.
Du mit den Blumen.
Du mit den Narben.
Du mit der Kaffeesucht.
Du mit dem kleinen Gehaltscheck.
Du mit den vielen Payback Punkten.
Du mit der Weizenunverträglichkeit.
Du mit der kleinen Wohnung.
Du mit dem großen Traum.

Du. Einfach nur du.

Wenn ich ehrlich bin, entspreche ich so ziemlich keinem Schönheitsideal. Mein Geschmack bei Filmen und Büchern ist selten Mainstream genug um anerkennende Kommentare dafür zu bekommen. Ich trinke keinen Alkohol, wenn ich mit Freunden auf Partys gehe und ich küsse keine Typen beim ersten Date.

Niemand interessiert sich für meine Fotos auf Instagram.
Niemand würde mir für diesen Blog Bezahlung anbieten.
Niemand hält mir die Tür auf, wenn ich noch schnell in den Fahrstuhl springen will.

Dafür stehe ich zu meinen Fehlern, gebe zu, wenn ich im Unrecht bin, helfe Menschen in die Bahn, nehme Pakete für meine Nachbarn entgegen, weine bei Disney-Filmen, umarme meine Freunde zur Begrüßung und zum Abschied, teile meine Gedanken mit euch und freue mich über frische Blumen.

Damit bekomme ich keinen Friedensnobelpreis, keinen blauen Haken bei Twitter, keine Gehaltserhöhung und tue es dennoch. Weil das manchmal reicht.

Weil ich, so wie ich bin, genug bin. 

Und ihr seid es auch.

Kurz und schmerzlos euer,

avocadogirl

Die Vergänglichkeit des Glücks.

Alles ist gut.
Der Frühling kommt, die Sonne scheint öfter und es ist abends länger hell. Auch wenn es tagsüber immer mal wieder regnet und wir uns noch nicht ganz trauen die Winterjacken in den Keller zu verbannen, so spüren wir doch, der Frühling ist nicht mehr weit.

Dann wird die Natur erwachen, die Bäume blühen, die Sonne wärmt und die Gesichter lächeln immer öfter.

Ich liebe den Frühling und freue mich, nach Monaten der Melancholie, auf die geöffneten Fenster und den Duft der Blumen.

Es sind diese Kleinigkeiten, die mir jetzt in den Sinn kommen, während ich den Schal umlege und in die dicke Jacke schlüpfe, weil es abends doch noch frisch ist. Es sind die Gedanken an den nahenden Frühling, die mich trotzdem schon in Vorfreude lächeln lassen.

Es sollten immer diese Kleinigkeiten sein, vor allem, wenn man sich umschaut. Im Moment passieren viele Dinge auf der Welt, die meisten auf Twitter, voller Rechtschreibfehler in 140 Zeichen.
Oder aber im Mikrokosmos des Freundeskreis.
Während ich mich auf den Frühling freue, bangen Freunde von mir am Krankenbett ihres neugeboren Sohnes, der fast drei Monate zu früh auf die Welt kam.
Andere Freunde nehmen langsam Abschied von Menschen, die ihnen nahe stehen, weil sie den Moment nicht verpassen wollen.
Andere teilen ihre Wohnung und das Leben in zwei, weil nach einer langen, glücklichen Beziehung das Ende erreicht ist.
All diese Schicksale spielen sich nicht direkt in meinem Leben ab und doch ertappe ich mich dabei, wie sie mich mitnehmen.
Vielleicht mehr, als sie sollten.
Aber so bin ich nun mal.

Vor allem aber erinnern sie mich an die Vergänglichkeit des Glücks. 

Was eben noch da ist, kann schon im nächsten Augenblick weg sein. Nicht immer muss das so dramatisch wie bei einem Abschied eines geliebten Menschen sein.

Das Lieblingslied im Radio. Ein Regenbogen über der Brücke. Ein leckeres Abendessen. Ein Abend mit guten Freunden. Ein gutes Buch.
Ein einfacher Grund für ein Lächeln.

Immer wieder predigen wir, wie wichtig solch kleine Momente sind, weil sie in der Summe die dunklen Tage überwiegen sollen.

So wie die Vorfreude auf den Frühling die kalten Wochen davor überwiegen sollte.

Konzentrieren wir uns auf die Glücksmomente, so kurz und vergänglich sie auch sein mögen. Je mehr wir finden, sammeln und in Erinnerung behalten, desto leichter vergehen hoffentlich die traurigen Momente.

Alles wird gut.

Euer,

avocadogirl

Von der Freiheit das zu tun, was man liebt.

Neulich war ich mit ein paar Bekannten essen und das Gespräch kam noch vor dem Hauptgang auf das Thema ‚Arbeitsstress‘ zu sprechen. Viele gestresste Gesichter und noch mehr gestresste Geschichten aus dem Arbeitsalltag verschiedener Branchen. Während ich ihnen an meinem Bruschetta knabbernd zugehört habe, konnte man den Eindruck gewinnen, dass alle Anwesenden ihren Job nicht nur nicht besonders gerne machen, sondern sich beim Stressvergleich ausstechen wollten.

„Ja, aber weißt du, wir haben manchmal auch am Wochenende ein Meeting!“
„Mag ja sein, aber ich darf nur 5 Tage Urlaub am Stück nehmen.“
„Jahaaa, aber bei mir fällt auch noch das Weihnachtsgeld weg!

Irgendwann fiel auf, dass ich nichts zur Diskussion beigetragen habe und das weckte natürlich das Misstrauen. Wie ich meinen Arbeitsalltag denn beschreiben würde.

Dazu muss ich sagen, dass ich seit Januar 2017 selbständig bin und mir meinen Traum erfüllt habe, das was ich liebe auch beruflich zu tun. 

„Nun, ich stehe jeden Morgen auf, um das zu tun, was ich liebe.“ 
„Aber das zahlt doch nicht die Miete!“
„Doch.“
„Unmöglich!“
„Äh. Nein?“
„Wie groß ist deine Wohnung?“
„In welcher Ecke wohnst du?“
„Wie bist du denn versichert?“
„Das ist ein großes Risiko.“

Ich kam gar nicht mehr dazu, meinen Alltag – der selbstverständlich auch mal höchst stressig ist – zu erklären. Stattdessen wurden ich und mein Wahnsinn, eine Festanstellung für einen albernen Traum aufzugeben, zum Hauptthema des Abends. Ich muss wohl nicht erklären, wieso ich das Dessert habe ausfallen lassen.

Auf dem Heimweg habe ich mir dann Erklärungen überlegt, wieso ich das tue, was ich tue und mir fertige Rechtfertigungen für eine potentielle Wiederholung solcher Gespräche überlegt, bis mir an einer Bushaltestelle bei Nieselregen an einem Donnerstagabend alles schlagartig bewusst wurde:

Ich muss mich nicht rechtfertigen. 

Das mag jetzt einfach klingen und viele werden sagen: Das hätte ich dir sagen können. Aber die Wahrheit ist, ganz lange habe ich mich bei Nachfragen zu meinem Beruf erklärt: ‚Ich bin zwar selbstständig, arbeite aber auch dafür immer auch am Wochenende und muss aufs Geld achten.‘
Fast so, als wolle ich die Tatsache, dass ich die Freiheit lebe das zu tun, was ich über alles liebe, entschuldigen.

Wieso? 

Es ist mein Leben. Es ist meine Freiheit und ja, ich habe einen Preis dafür gezahlt. Wissentlich und bei klarem Verstand. Den gleichen Mut kann ich nicht zwingend von anderen Menschen erwarten, das ist mir klar. Wohl aber ist es mein Recht, von meinen Mitmenschen Respekt für meine Entscheidung über mein Leben und meine Zukunft zu fordern. Niemand muss meinen Weg gehen, aber niemand hat das Recht meine Entscheidung zu bewerten.

Unter den ganzen Analysen zu meiner Entscheidung, denen ich mich beim besagten Abendessen aussetzen musste, war nämlich eine Sache deutlich zu hören: die Angst davor, es selber zu tun und die Bewunderung mir gegenüber, es getan zu haben – getarnt als Neid.

Doch Neid ist nichts anderes, als Bewunderung für den Mut oder den Erfolg anderer. 

Meine Freiheit das zu tun, was ich liebe, habe ich mir hart erkämpft und werde sie ebenso hart verteidigen.

Danke.

Euer,

avocadogirl

Wieso es wichtig ist.

Gestern wurde ich als ‚Feministin‚ beschimpft und beleidigt.
Zumindest nahm das mein Gesprächspartner an, als er sich immer weiter in Rage redete und mir vorwarf, ich würde zu viel verlangen.
Würde Rechte einfordern, die mir nicht zustehen.
Was wolle ich denn noch alles, ich dürfte doch als Frau schon wählen.

Und als ihm die ‚Argumente‘ ausgingen, beschimpfte er mich auch noch als unbefriedigte Lesbe, die nur mal wieder einen Mann bräuchte, der mir zeigt, wo der Hammer hängt.

All seine Beleidigungen waren keine. Es waren Begriffe, die er nicht versteht, die ihm Angst machen und die er mir ins Gesicht schleuderte, in der Hoffnung mich damit zu verletzten. All das sagt so viel über ihn aus und rein gar nichts über mich. 

Grund dieser Auseinandersetzung war die Tatsache, dass ich mir erlaubt habe, den ‚Women’s March‚ zu unterstützen – auch wenn ich selber nicht gelaufen bin. Weltweit sind Frauen auf die Straße gegangen, um für ihre (also unsere) Rechte einzustehen.
Weil wir genauso viel Gehalt für den gleichen Job verdienen sollten, wie Männer.
Weil wir über unseren Körper entscheiden wollen. 
Weil wir eine Stimme haben, die so laut, so klar und so schön ist, dass man sie nicht ignorieren kann.
Weil es wichtig ist.

Das Wort Feministin bedeutet weder, dass ich Männer fresse, noch dass ich Männern den Job wegnehmen will und ganz sicher bedeutet es auch nicht, dass ich einfach nur mal wieder Sex bräuchte.

Es bedeutet nur, dass ich weiß, wer ich bin und für was ich meine Stimme erhebe. 

Überall auf der Welt gibt es noch immer Mädchen, denen die Schulausbildung verwehrt bleibt. Nicht nur, weil die Familien vielleicht nicht genug Geld haben oder der Schulweg zu lange ist, sondern weil sie Mädchen sind.
Weil Mädchen nicht das Recht auf Wissen und Unterricht haben. 
Nur, weil sie Mädchen sind.
Weil irgendwelche Männer das irgendwann mal so entschieden haben.
Auch deswegen marschieren Frauen weltweit.

Es geht nicht darum, wer das stärkere Geschlecht ist, wer einen Autoreifen wechseln kann und wer den besseren Orientierungssinn hat.
Es ist KEIN Wettbewerbe.
Es geht um Gleichberechtigung. 

Das ist alles.

Wieso macht es dann manchen so viel Angst?

Ich bin eine Feministin, ich bin nicht lesbisch, ich esse keine Männer, ich bin hoffnungslos romantisch, ich kann einen Autoreifen wechseln und ich gehe wählen. Ich mache meinen Job gut, auch wenn ich meine Periode habe, und ich kann gute Umarmungen geben.
Wenn das alles manchen Männern so große Angst macht, dass sie mich beschimpfen müssen, werde ich jedes Mal beim ‚Women’s March‘ wieder auf die Straße gehen.

Weil es wichtig ist.

Euer,

avocadogirl

 

 

 

Hallo 2017!

2017, lass dich umarmen!

Ein neues Jahr ist für viele Menschen ein Grund ihr Leben zu überdenken, aus den Fehlern der vergangenen 365 Tagen zu lernen und sich zahlreiche Vorsätze an den Kühlschrank zu pinnen, die schon am 3. Januartage vergessen werden, weil die Hektik des Alltags die feierliche Endjahresstimmung vertreibt.

Doch ist es wahr. In jedem neuen Anfang wohnt ein Zauber inne. Wieso also nicht den Jahreswechsel nutzen und das eigene Leben entrümpeln. Das ist mein Vorsatz für 2017.

Für viele (inklusive mir) war 2016 zumindest höchst turbulent, auf jeden Fall aber lehrreich. Dinge, die man als Selbstverständlichkeit hinnimmt, gewinnen an Bedeutung und die Abschiedsumarmung nach einem lustigen Freundeabend sollte zur absoluten Pflicht werden. Telefonate mit den Eltern nicht einfach genervt abrupt beendet werden, sondern mit Geduld geführt und mit Liebe beendet werden. Fremde kann man anlächeln – Überraschung! – die meisten lächeln dankbar zurück. Ein freundliches ‚Guten Morgen‘ wenn man den Lieblingsbäcker betritt schadet übrigens auch nicht.

Und dann haben wir sie alle. Die unliebsamen Erinnerungen, emotionaler Ballast und belastende Kollegen, die viel zu viel Platz in unserem Leben einnehmen und denen wir mit jeder Unterhaltung mehr Raum geben. Doch die Frage ist: Wieso?
Unser Leben ist kein Komposthaufen für ihre Probleme.

Leider gehöre ich zu den Menschen, die fremde Probleme mit nach Hause nehmen, sie dort wälzen und irgendwann zu den eigenen machen, obwohl mein Verstand mir entgegenbrüllt, dass es NICHT meine Sache ist, ihre Kämpfe auszutragen!

2017 werde ich also lernen an den richtigen Stellen NEIN zu sagen. Freundlich, aber bestimmt Grenzen aufstellen. Nicht um andere vor den Kopf zu stoßen, sondern um die unheimlich wichtige emotionale Energie vor den ‚Tanktouristen‘ zu schützen, die sich gerne an meiner Zapfsäule Energie ablassen, aber selten etwas zurückgeben.
Stattdessen möchte ich mir etwas mehr ‚Me-Time‚ gönnen, ein gutes Buch, ein schöner Film, eine Playlist mit meinen Lieblingsliedern oder ein Bad.

Ist das egoistisch?

Möglich. Vielleicht aber auch einfach nur vernünftig.

2017 werde ich mehr Freunde umarmen, öfter ausgelassen tanzen, herzhaft lachen, mir meine kindliche Begeisterung bewahren und lächeln, wann immer mir danach ist.

Ich habe keine Ahnung, welches Überraschungsei 2017 für mich parat hält, aber ich freue mich auf Abenteuer und Herausforderungen, auf schöne Momente und feste Umarmungen.

Euch wünsche ich viel Gesundheit und Ausdauer um eure Träume zu jagen!

Frohes neues Jahr!

Euer,

avocadogirl

Die Macht der Worte

 

 

Ist euch schon mal aufgefallen, wie eure Mundwinkel sich nach oben bewegen, wenn euch jemand – ein Fremder – in der Bahn, an der Ampel oder im Bus einen „Guten Morgen“ wünscht? Wie ihr lächeln müsst, wenn jemand „Danke“ sagt, weil ihr jemandem die Tür aufgehalten habt?
Genau.
Vielleicht lächelt ihr jetzt auch, nur weil ihr an eine vergangene Erinnerung dieser Situationen denken müsst. Das ist ein simples Experiment gewesen, oder?

Gehen wir ein kleines Stückchen weiter. Man stelle sich mal vor, was in dem Gegenüber vorgeht, wenn man selber jetzt noch eine freundliche Antwort erwidert. Womöglich bekommt man dann auch noch ein Lächeln zurück?!
Versucht es doch in eurem Alltag mal. Nur aus Spaß. Es tut auch nicht weh. Versprochen.

Worauf ich hinaus will, ist folgendes:

Worte bleiben. Sie bleiben viel länger als wir glauben, wenn wir sie aussprechen.
Das kennen wir doch alle.
Das Lob vom Chef oder Lehrer, von dem wir abends noch den Eltern, Freunden oder dem Partner erzählen. Eine Motivation, die uns zu Höchstleistungen am Tag anspornt und uns mit einem seligen Lächeln einschlummern lässt.
Das Kompliment, wenn man sich hübsch gemacht hat und es tatsächlich bemerk wirkt. Schon wieder wächst ein Lächeln im Mundwinkel, nicht wahr?

Natürlich sind uns auch die Negativbeispiele nicht unbekannt, wenn man sich einen Rüffel einholt, weil man nicht achtsam war oder einen Fehler gemacht hat. Das will man schnell vergessen und kaut es gedanklich doch immer wieder durch. Und das, obwohl das menschliche Gehirn nach medizinischer Erkenntnis kein Wiederkäuer ist.
Aber was weiß schon die Medizin? Wir alle liegen wach im Bett, gehen hypothetische Gespräche durch, die so nie passieren werden und verlieren Schlaf – und manchmal ein paar Tränen.

Deswegen passen wir im Idealfall auf, wie wir mit unseren Freunden, Kollegen und Eltern sprechen. Doch zu oft vergessen wir dabei auch genauso achtsam mit uns selbst umzugehen. Wann haben wir uns vor dem Spiegel stehend zum letzten Mal gesagt, wie hübsch wir uns finden? Wie gut die neue Frisur oder die neue Jeans sitzt? Weil es albern ist.
Nicht wahr?
Stattdessen hören wir uns in unserem Kopf sagen:
‚Bist du blöd, zu glauben der Typ steht wirklich auf dich?‘
‚Wie konntest du so dumm sein und den Schlüssel in der Wohnung zu vergessen?‘ 

Ein liebevoller Umgang mit uns selbst ist nicht so wichtig, weil wir doch wissen, dass wir es nicht so meinen. Aber jetzt stellen wir uns mal vor, wie es sich anfühlen würde, wenn eine gute Freundin all diese Sachen zu uns sagt. Wir wären sauer, geknickt und vielleicht stellen wir sie sogar zur Rede.
Manche entfreunden sie sogar auf den sozialen Netzwerken.

Nun, uns selbst können wir weder blockieren, noch melden und schon gar nicht entfreunden.
Wäre es also wirklich so schlimm, wenn wir die positive Macht der Worte auch für uns selber nutzen würden?
Wieso nicht mal den Selbstversuch wagen und sich jeden Morgen im Bad laut sagen, wie toll man sich findet.
Es kriegt ja keiner mit. Also?

Da ich weiß, dass einige von euch jetzt kopfschüttelnd abwehren, gebe ich euch einfach ein paar kostenlose Worte mit:

Du bist toll. Danke, dass du meinen Artikel gelesen hast. Hab einen schönen Morgen/Tag/Abend.

Euer,

avocadogirl